Ich glaube nicht an Geister. Eigentlich. Aber in letzter Zeit sind sie mir gleich haufenweise über den Weg gelaufen. Das Perfide: Mit bloßem Auge sind sie nicht zu erkennen. Man wähnt sich sicher im zwar nächtlichen, aber durchs „Winterleuchten“ stimmungsvoll illuminierten Westfalenpark, lacht und scherzt, und erkennt erst im Nachhinein auf den Fotos, die bei diesem Streifzug entstanden sind, dass man offenbar mehr Begleiter hatte, als gedacht. Nun scheinen die entmaterialisierten Wesen zwar grundsätzlich keine bösen Absichten zu haben, denn sie wabern in der Regel nur sich entfernend durch Bild, mehrheitlich offenbar in großer Eile, aber ein ungutes Gefühl bleibt trotzdem.

Während man Vampire bekanntermaßen dadurch enttarnt, dass sie sich nicht spiegeln, sich also auch nicht fotografieren lassen (zumindest nicht mit Spiegelreflexkameras), scheint es bei Geistern umgekehrt zu sein. Folgt man der Theorie, dass eine Spiegelung die Reflexion der Seele ist und Vampire deswegen kein Spiegelbild haben, weil sie seelenlose Monster sind, würde das im Gegenzug bedeuten, dass ein Geist pure Seele ist, die sich lediglich in der Spiegelung offenbart. Eine schöne Vorstellung, findet Ihr nicht? Dumm nur, dass ich nicht mit einer Spiegelreflexkamera fotografiere, sondern mit einer spiegellosen Systemkamera und die Annahme daher hinfällig ist.

Es steht daher zu vermuten, dass die Geister – im Gegensatz zu meinen haltlosen Überlegungen – wohl doch nicht so substanzlos sind, wie auf den ersten Blick angenommen. Tatsächlich drängt sich nach einem Moment des Nachdenkens die Vermutung auf, dass die scheinbar körperlosen Gestalten vielleicht das Ergebnis ausgedehnter Belichtungszeiten sein könnten. Je länger man darüber nachdenkt, desto wahrscheinlicher wird es. Und hat man den Gedanken noch mal im Kopf gewendet, ist man sich dessen plötzlich sogar mehr als sicher. Bedauerlich eigentlich. Schließlich wäre es nicht nur eine Sensation, wenn man als erster belegbare Beweise für die Existenz von Geistern herangeschafft hätte, es hätte auch etwas Tröstliches zu wissen, dass es offenbar Dinge jenseits dessen gibt, was man sehen und anfassen kann. Vielleicht wäre es aber auch nur gruselig und wir alle können froh sein, dass ich diese Fehlannahme gerade noch rechtzeitig enttarnt habe.

Im Endeffekt sollte aber jeder das glauben, was er mag. Nur weil ich doch keine Geister fotografiert habe, heißt das ja nicht, dass es sie nicht gibt. Fotogeister jedenfalls sind mehr als real, das habe ich wohl mit diesem Post hinreichend bewiesen. Alle Dortmunder können sich noch heute und morgen Abend mit Kamera bewaffnet im Westfalenpark auf die Suche nach ihnen begeben. Bis Samstagabend dauert das Winterleuchten und wird wie jedes Jahr mit einem großen Feuerwerk abgeschlossen. Ich schaue es mir aus dem Fenster an, immerhin wohne ich in Sichtweite. Und Eiszehen habe ich mir schließlich schon für diese Fotos am letzten Wochenende geholt. Und für alle, die nicht in der Nähe wohnen: Fotogeister lassen sich in allen nächtlichen Settings mit schwach beleuchteten Bereichen sichten und dokumentieren. Möge die Geisterjagd beginnen.