Und? Gent so? – Joa, lecker, ne! Super lecker.

BelgienGentReisen
4. Februar 2015 / By / , / 15 Comments

Patienteninformation: Dieser Post kann auf anfällige Personenkreise speichelanregende und reisefieberweckende Effekte ausüben. Trotz der extrem hohen inhaltlichen Konzentration sollte das Mittel in einer einzigen Dosis eingenommen werden. Der beste Zeitpunkt ist nach dem Essen, da sich die Nebenwirkungen bei bereits vollem Magen am besten kontrollieren lassen. Stellen Sie für alle Fälle trotzdem Ihre Reisetasche bereit und kontaktieren Sie bei dem Verdacht einer Überdosis das nächstgelegene Reisebüro oder den besten lokalen Dealer von belgischer Schokolade.

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Ich war schon wieder weg. Ich weiß, das ist gemein, aber ich habe Euch auch jede Menge Geschenke mitgebracht. Urlaubsmitbringsel in Form von Content, Content, Content ;)! Und jetzt bleibe ich auch erst mal hier und das bedeutet: Zeit für auuuuuusschweifende Blogposts. Tourismus Flandern-Brüssel, mit denen ich bereits vergangenen April nach Brügge reisen durfte, hatte am vergangenen Wochenende zum Erkunden der „größeren Schwester“ Gent im Rahmen des Lichtfestival (von dem ich Euch natürlich auch noch berichten werde) geladen und Maren von „Minza will Sommer“, Juli von „heimatPOTTential“ und ich kamen nicht nur völlig erleuchtet wieder zurück nach Hause, sondern vor allen Dingen auch sehr satt. Und weil man gerade gute, aus erster Hand getestete Tipps für Restaurants, „Snackschuppen“ und Frühstückslokale nie genug haben kann, fangen wir heute damit an. Also: Lecker Essen in Gent. Eine Stadt, die unbedingt eine Reise wert ist. Nicht nur, aber auch wegen dem, was jetzt folgt. Wer gerade zeitlich etwas knapp dran ist, möge sich den Post für später speichern, denn ich werde alle Grenzen von Zeit und Raum sprengen. Man möge es mir nachsehen, aber kurz und knapp liegt mir nicht so. Dafür mache ich im Anschluss ein paar Tage Pause, Füße hochlegen und gesund werden. Mir hängt immer noch das Schleudertrauma nach und eine Erkältung habe ich mir auch eingefangen. Bäh. Ich sags Euch…

„Balls & Glory“ – Monster-Fleischbällchen vom Fernsehkoch

Ich ziehe das Ganze einfach mal chronologisch auf. Das nimmt mir die Bürde, ein Ranking erstellen zu müssen. Denn das wäre unglaublich schwierig. Wir starten daher mit unserer ersten Station in Gent, gerade aus dem Zug gefallen und schon im Fleischbällchen-Himmel. Fleischbällchen, das klingt im ersten Moment relativ unsexy, aber bei „Balls & Glory“ (ein Name, der in mir leichte „Edelcallboy-Assoziationen“ hervorruft, aber das nur am Rande ;)) in der Jakobijnenstraat 6 wird man nicht nur glücklich, wenn man einen Hackfetisch hat. Das etwas andere „Fastfood“-Restaurant des belgischen Fernsehkochs Wim Ballieu ist einerseits modern und hip und andererseits bodenständig und zurückhaltend. Der aus Gent stammende Jungkoch, Sohn eines Metzgers und Enkel von Bauernhofbesitzern, die auch das Fleisch für das Restaurant liefern, wollte damit ein „Back to basics“-Konzept auf die Beine stellen und erhielt dafür direkt im Jahr der Eröffnung der ersten Filiale 2012 „die Internationale Goldene Palme für das innovativste Restaurant-Konzept“.

Das Angebot bei „Balls & Glory“ ist überschaubar, was aber auch einen Teil des Charmes ausmacht. Alles dreht sich hier um die Fleischbällchen. Oder besser: Riiiiiesen-Fleischbällchen. Sagen wir vielleicht: Ballen. 220g wiegt so ein Oschi, es gibt ihn in verschiedenen Sorten und alle sind gefüllt. Klassiker sind zum Beispiel Hähnchen mit Apfelfüllung oder Schwein mit Champignon-Trüffel beziehungsweise Chicorèe-Senf-Füllung. Es kommen aber auch immer neue dazu, beziehungsweise werden im Zuge einer saisonalen Kollektion ausgetauscht. Alle aktuell verfügbaren Sorten (immer zehn) kann man vor Ort kaufen und zu Hause erwärmen. Wie beim Metzger. Jeweils zwei Sorten und eine vegetarische Alternative (alle drei täglich wechselnd) werden vor Ort erhitzt und können entweder im Restaurant verzehrt oder als „Balls on the Go“ für unterwegs mitgenommen werden. Dazu gibt es wahlweise „Stoemp“, ein Kartoffelpüree mit saisonalem Gemüse und zweierlei Saucen, oder eine kreative Salatmischung. Oder wie bei uns: Beides ;)! Das eine mit Möhren, Lauch und Erbsen, das andere mit Quinoa, Roter Bete und Feta. Ein „Menü“ vor Ort kostet 12€, gratis dazu gibt es Wasser auf dem Tisch und Obst zum Nachtisch, andere Getränke, wie die super leckere hausgemachte Limonade mit Zitronengras, können natürlich dazubestellt werden. Einen „Ball“ zum Mitnehmen (ohne Beilage) gibt es dagegen schon für 4,50€ bis 5€, je nach Sorte.

Während ich mich für den gemischten Schwein-Rind-Klops mit Selleriefüllung entscheide, greifen die anderen zu Hähnchen-Spinat. Beides sehr, sehr lecker und sehr, sehr sättigend. Wenn man das als kleinen Snack zwischendurch ansieht, muss man schon einen Pferdemagen haben. Über den reinen Nährwert hinaus, sind die Balls übrigens auch noch überaus entertainend. Noch jemand Assoziationen eines grün kotzenden und vorübergehend erbleichten Grobis aus der Sesamstraße ;)?

Also: Wenn Ihr mal nach Gent kommt und ein günstiges, aber glücklich und satt machendes Essen sucht: Hier seid Ihr richtig. Ein weiteres Restaurant gibt es übrigens in Antwerpen, ein anderes in Brügge scheint dagegen wieder geschlossen zu haben, denn auf der Website ist es nicht mehr zu finden. Darüber hinaus sind die gloriosen Fleischbällchen ab und zu auch mit einem Foodtruck auf Tour und mittlerweile auch bei diversen Metzgern und Supermärkten in Flandern erhältlich. Nur für den Fall, dass Ihr mal plant, Euch da in der Nähe häuslich niederzulassen…

Flämische Spezialitäten – Von Genter Nasen bis Wassersuppe

So, wer jetzt was zum Gegensteuern ob dieser nahrhaften Herzhaftigkeit braucht, dem empfehle ich eine echte belgische Waffel oder ein paar „Gentse Neuzen“ (Genter Nasen). Bei den Waffeln solltet Ihr darauf achten, dass sie frisch vor Eurer Nase zubereitet werden, das macht einen Unterschied wie Tag und Nacht. Eine etwas ältere Waffel kann schmecken wie eine Schuhsohle (leider letztes Jahr in Brügge erlebt), aber so eine frische Waffel kann für mehrere Tage glücklich machen. Man unterscheidet übrigens zwischen den Brüsseler Waffeln, die eher weich daherkommen, und den Lütticher Waffeln, fest, süß, klebrig und mein eindeutiger Favorit. Seid nur vorsichtig, wenn Ihr sie wie Juli mit Sahne bestellt, die läuft einem bei einer heißen Waffel nämlich schneller davon als man „Oh, Scheiße“ sagen kann. Getestet haben wir die Waffel übrigens am Groentenmarkt, direkt neben dem tollen Senfladen Tierenteyn, den ich Euch in einem weiteren Post noch vorstellen werde, und hinter dem mobilen „Gentse Neuzen“-Verkaufswagen, zu dem wir jetzt kommen.

Die Genter Nasen bekommt Ihr an verschiedenen Stellen in der Stadt, aber dieser Wagen ist eindeutig der schickste (meiner bescheidenen Meinung nach). Es handelt sich bei den „Neuzen“ um eine kegelförmige Süßigkeit, die auch Cuberdon genannt wird und die in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen daherkommt, klassischerweise aber mit Himbeergeschmack. Die Oberfläche ist hart, aber innendrin sind sie weich und geleeartig. Mich haben sie ein bisschen an Veilchen erinnert, zumindest glaubte ich, etwas Blumiges herauszuschmecken. Aber das mag auch in meinem Kopf stattgefunden haben ;)! Die recht große Süßigkeit ist übrigens nur knapp drei Wochen haltbar, das solltet Ihr bedenken, falls Ihr darüber nachdenkt, welche als Mitbringsel zu kaufen.

Wenn es um landestypische Spezialitäten geht, ist natürlich auch das Bier nie fern, aber da ich ja keinen Alkohol trinke und meine beiden Mitreisenden nicht so testwillig daherkamen, wie Nic und Mel im letzten Frühjahr, blieb es dieses Mal beim Blick durchs Schaufenster. Macht aber auch nichts, denn direkt am ersten Abend testen wir gleich zwei weitere flämische Spezialitäten, nämlich einerseits Stoofvlees, eine Art Schmortopf, zu dem Pommes serviert werden, die man ja in Belgien auch nie vernachlässigen sollte, und andererseits Waterzooi, was übersetzt so viel wie Wassersuppe bedeutet. Das Stoofvlees kommt sogar mit Bier in der Sauce daher, so dass man eigentlich auch gleich zwei Haken auf seiner Spezialitäten-Liste setzen kann. Mit den weiteren Zutaten wie Zwiebeln, Möhren, braunem Zucker oder Frühstückskuchen erinnert das Gericht ein wenig an eine etwas süßere, aber auch sehr kräftige Gulasch-Schwester des Sauerbratens. Nur mal so zur Orientierung. Kann man jedenfalls sehr gut essen. Ich steh ja auf so ein Zeugs.

Waterzooi dagegen ist ein (im Normalfall noch) deutlich flüssigeres Eintopfgericht, das auf einer hausgemachten, gebundenen Brühe mit vielen Kräutern und Gewürzen, verschiedenem Gemüse und wahlweise Fisch-, Huhn- oder Kalbseinlage basiert. Im zentralen „Belfort Stadscafe“ wird das Ganze mit Huhn und etwas asiatisch inspiriert serviert, weshalb ich vermutlich keine grundsätzliche Aussage über „das flämische Nationalgericht“ treffen kann. In dieser Version fand ich es zwar lecker, aber auch nicht besonders aufsehenerregend. Die Geschmacksnoten sind eher subtil und unterschwellig und nicht so „in your face“ wie beim Stoofvlees ;)!

„De Superette“ – Super Interieur, super Konzept, super Essen

Samstagmorgen ging es zum Frühstücken zu „De Superette“ und auch wenn ich gesagt habe, dass ich hier kein Ranking aufstelle, WENN ihr irgendeinen meiner Tipps testet, DANN bitte den hier.

„De Superette“ ist ein Rund-um-die-Uhr-Restaurantkonzept, das sich hauptsächlich auf die hauseigene Bäckerei und den Holzofen stützt. Eröffnet im Mai 2014 vom jungen Sternekoch und Mitglied der „Flanders Kitchen Rebels“ Kobe Desramaults, seiner irischen Sous-Chefin Rose Greene und der amerikanischen Brotexpertin Sarah Lemke, die an diesem Samstagmorgen auch selbst vor dem riesigen Ofen steht und ein Brot nach dem anderen hinein- und hinausschaufelt, hat „De Superette“ bereits im November ebenfalls einen Preis abgeräumt, nämlich den des „besten belgischen Restaurantkonzepts 2014“. Ihr merkt: Unser Speiseplan hat Prinzip. Nämlich: Jung, lecker, hip und regional. Genau wie an all den anderen Orten, die wir an diesem Wochenende besuchen, ist das Publikum allerdings sehr durchmischt und überhaupt nicht abgehoben, genau wie das überall sehr freundliche Personal. Während man sich in Berlin als stinknormaler Ruhrpottler ja schon mal vorkommen kann wie der letzte uncoole Mensch auf Erden, sind hier alle erstaunlich tolerant, entspannt und einfach nur nett. Allein das ist schon ein Grund, um wiederzukommen.

Wir sind früh da und fallen daher in die „Frühstücksphase“, in der man zu seinem köstlichen Flat White mit Drachenverzierung (oder einem der anderen Heißgetränke) aus einem kleinen aber feinen Angebot an Backwaren wählen kann. Das „spelt frangipane“, das Maren sich bestellt, ist großartig, aber auch mein Haselnusscroissant und Julis Schokobrötchen machen verschlafene Menschen sehr glücklich. In Kombination mit der gemütlichen Sofaecke, die wir uns als frühe Vögel gesichert haben, führt das dazu, dass wir am liebsten gar nicht mehr aufstehen wollen.

Ab zehn Uhr geht die Brunch-Zeit los, für die die Köche schon bei unserem Eintreffen eifrig in der Küche werkeln. Man kann nicht reservieren, genau wie für den Lunch, nur abends kann man auf Nummer sicher gehen und sich einen der begehrten Plätze sichern. Da wir mittags schon wieder ein „Food-Date“ haben, belassen wir es bei den süßen Teilchen, aber das, was wir im Gehen auf den Nachbartischen erspähen können, lässt auf jeden Fall Hervorragendes vermuten.

Merke: Beim nächsten Gent-Besuch morgens um 9 Uhr im „De Superette“ in der Guldenspoorstraat 29 aufschlagen, ein Buch mitbringen, bis Abends sitzen bleiben und futtern bis der Arzt kommt. Spitzenplan. Und am nächsten Tag kann man dann in Desramaults‘ Bistro „De Vitrine“ weitermachen.

„Restaurant Avalon“ – Fenchelerstkontakt und vegane Experimente

Keine zwei Stunden später heißt es wieder: Essen. Warum auch nicht? Wir haben uns im „Avalon“ eingefunden, einem rein vegetarischen, mehrheitlich sogar veganen Restaurant, das Dienstag bis Samstag von 11:30 Uhr bis 14:30 Uhr einen Lunch anbietet, sowie an jedem ersten Freitag und Samstag im Monat ein Dinner. Das ist ein überschaubarer Zeitrahmen, man sollte den Besuch also rechtzeitig planen. Anders als die „normalen Gäste“ dürfen wir ein wenig hinter die Kulissen schauen, mit der bezaubernden Besitzerin Tine Tomme ein Gericht zubereiten und ihr Löcher in den Bauch fragen. Ab und zu werden auch öffentliche Kurse und Workshops angeboten, im Vorfeld nachzufragen schadet also sicher nicht, wenn Ihr an so etwas ebenfalls Interesse habt.

Wer mich kennt, der weiß allerdings: Auf die Idee wäre ich für meinen Teil NIE IM LEBEN selbst gekommen. Gemüse und ich sind einfach nicht die allerdicksten Freunde. Nicht umsonst habe ich 2013 die beliebte „Kampf dem Gemüsefeind“-Serie gestartet, die leider im vergangen Sommer abrupt ein Ende fand, weil ich mir und Euch (noch) nicht eingestehen wollte, dass der Kampf gegen den letzten Kandidaten „Tomate“ sich als reichlich erfolglos herausgestellt hat. Nun ja. Da ich es jetzt schon zugegeben habe, kann ich dem Ganzen ja vielleicht noch mal eine Chance geben. Irgendwann. Aber ganz ohne Tomaten. Die bleiben ein Feind.

Aber zurück zum Avalon. Und zu Tine, die uns erst mal eine überaus bezaubernde Einführung zur Philosophie des Restaurants verpasst. Alles ist vegetarisch und fast immer auch frei von jeglichen Milchprodukten. Das Gemüse kommt von lokalen Bauern, die nachhaltig und in Bio-Qualität produzieren, bei einem Bauern hat das Restaurant sogar Anteile erworben, die wöchentlich zur eigenen Ernte einer bestimmten Menge Gemüse befähigen. Das Ganze nennt sich auf Englisch „CSA“, was die Abkürzung für „Community Supported Agriculture“ ist. Man kauft quasi schon im Vorfeld ein Anrecht auf sein Gemüse und sichert dem Bauern so einen Teil seines Einkommes. Ich kannte das Prinzip bisher nur aus dem amerikanischen Raum, aber vielleicht gibt es das in Deutschland ja auch? Nur weil ich mit Gemüse etwas auf Kriegsfuß stehe, heißt das nicht, dass ich solche Konzepte nicht großartig finden kann.

Es wird immer anhand des aktuellen Angebots entschieden, was auf den Tisch kommt, daher gibt es ein wechselndes Tagesgericht (das so ungefähr aus „einmal alles“ besteht), eine Tagessuppe und ein Tages-Pastagericht, darüber hinaus einen Salat und eine Quiche. Die Preise liegen bei den Hauptgerichten um die 15-16 €, die Suppe kommt auf 3,80 €. Da die Portionen wirklich reichlich sind, gibt es daran absolut nichts zu meckern. Darüber hinaus fließt ein Teil der Einnahmen des Avalon an wohltätige Zwecke und Organisationen, die sich für ethisches Verhalten in Bezug auf Natur, Umwelt und Gesundheit einsetzen. Noch weniger zu meckern. Was will man mehr?

Zusammen mit Tine bereiten wir eine Vorspeise zu. Während Juli einem Kürbis mit brachialer Gewalt zu Leibe rückt, putze ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Fenchel. Aus Fenchel und Kürbis plus einer Zwiebel und Knoblauch, die zuerst alle zusammen im Ofen geröstet werden, entsteht ein leckeres Püree, das mit gerösteten Kürbiskernen, die zum Schluss in etwas Sojasauce geschwenkt werden, und Austernpilztempura serviert wird. Und ich gebe zu: Das schmeckt richtig gut. Trotz Fenchel. Denn gegessen habe ich den auch noch nie. Fenchelerstkontakt in jeglicher Hinsicht. Wenn auch hier durch den Kürbis in abgeschwächter Form. Abfälle gibt es im „Avalon“ übrigens keine. Alle Gemüsereste werden später zu einer aromatischen Bouillon verarbeitet.

Bei Suppe und Hauptspeise lassen wir uns dann aber bedienen. Es gibt Artischockensuppe und eine gemischte Gemüseplatte mit Basmatireis. Darauf: Ein Rettichsalat, Wirsing, Möhren, ein Kürbispüree, ein scharfes Bohnengericht und noch mal Fenchel. Soweit zumindest die Bestandteile, an die ich mich erinnere ;)! Ich bin sicher, ein normal gepolter Mensch ohne angeborene Gemüseaversion findet das alles superlecker. Ich kann das zumindest vom Pürree, den Möhren und auch noch dem Wirsing sagen. Der Rest: Gut essbar. Und das ist (auch wenn es nicht so klingt) in meiner Welt schon ein Riesen-Lob. Selbst die Artischockensuppe habe ich probiert. Dabei steht Artischocke auf meiner Feindesliste auch irgendwo im oberen Drittel. Und zumindest ist sie nicht weiter hoch gerutscht. Ich klopfe mir selbst auf die Schulter, dass ich alles getestet habe, auch wenn einiges liegen geblieben ist. Das war aber tatsächlich mehr der schieren Menge geschuldet.

Dafür, dass ich in Sachen Gemüse so bekloppt bin, wie ich bin, finde ich das „Avalon“ richtig knorke. Tine hat auch zusammen mit ihrem Team im Eigenverlag ein Kochbuch names „Grow Eat Share“ herausgebracht, das nicht nur unglaublich schön ist (immer ein wichtiges Kaufkriterium für Bücher in meinen Augen), sondern auch von den Rezepten her sehr ansprechend rüberkommt. Zumindest soweit ist das mit meinen nicht vorhandenen Flämischkenntnissen habe beurteilen können. Wäre es auf Englisch gewesen (oder einer anderen Sprache, die ich zumindest halbwegs verstehe), hätte ich es glatt gekauft. Es schadet ja nie, seinen Horizont zu erweitern, und wie ginge das in meinem Fall besser, als mit ein paar ausgefallenen Gemüsegerichten? Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung, nicht wahr? Insofern: Das optimale Samstagmittagsprogramm für mich.

Ihr findet das Restaurant in der Geldmunt 32, direkt gegenüber der Burg Gravensteen. Im Sommer kann mal wohl ganz bezaubernd im Innenhof sitzen, bei 3°C Außentemperatur sind wir allerdings froh, dass es drinnen auch sehr nett und heimelig ist. Übrigens: Gent ist so etwas wie ein Mekka für Vegetarier. Gemessen an der Einwohnerzahl hat Gent die meisten vegetarischen Restaurants in ganz Europa. Und seit 2009 hat Gent auch einen Veggie Day. Jeden Donnerstag stehen in Kantinen, Schulen und Restaurants vegetarische Mahlzeiten im Mittelpunkt, mit dem Ziel einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und die CO²-Emissionen zu verringern. Sehr vorbildlich, die Flamen.

Coeur D’Artichaut – Das leckerste Kaninchen der Welt

Samstagabend wurde es einen Ticken schicker als bisher. Das „Coeur D’Artichaut“ im Marriot Hotel am Korenlei 10, mit Blick direkt auf die Leie und die alten Gildenhäuser am anderen Ufer, stand auf dem Programm. Nun ist schicker in Belgien aber scheinbar relativ, denn auch wenn die Preise und das Ambiente steigen, ist die Atmosphäre niemals steif. Das ist zumindest mein Empfinden bisher.

Es gibt drei sehr verschiedene Speiseräume, das „Kaminzimmer“ mit einer Tapete, die meine Mutter zum Weinen bringen würde, die ich in diesem Rahmen aber durchaus cool finde, einen Raum mit einer riesigen Bücherwand und einen mit einer Wand, die nahtlos mit Sammeltellern vollgehangen ist. Ich mag sowas ja, aber das ist vielleicht Geschmackssache. Auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht etwas antiquiert rüberkommt, gibt es das „Coeur D’Artichaut“ an diesem Standort erst seit letztem Sommer. Insgesamt ist es zwar mit einem Bestehen von 23 Jahren fast schon sowas wie eine Institution, aber man hat sich hier wohl noch mal ein wenig neu erfunden. Und das vermeintlich Antiquierte offenbart sich auf den zweiten Blick als spannendes Spiel mit Kontrasten. Da dienen Schreibtischleuchten mit Schwenkarm plötzlich als Deckenlampen und verschiedene Spiegel in unterschiedlichen Größen und Formen machen den Raum optisch deutlich größer.

Aber das eigentliche Highlight ist hier natürlich das Essen. Als Vorspeise gibt es köstlichste Jakobsmuscheln auf einem Kürbispürree mit Koriander und Erdnüssen, was aber noch getoppt wird durch meine Hauptspeise: Kaninchen in einer Pflaumen-Biersauce mit kleinen Mandelkroketten und (ich glaube) noch mal Kürbispüree. Nicht, dass ich in meinem Leben schon besonders häufig Kaninchen gegessen hätte, aber dieses Kaninchen ist DER OBERHAMMER!! So unglaublich zartes Fleisch, das schon zerfällt, wenn man es nur mit der Gabel anstupst, habe ich selten in meinem Leben gegessen. Nicht nur Kaninchen, Fleisch überhaupt. Für dieses Kaninchen würde es sich sogar lohnen, extra nach Gent zu fahren, nur um die knapp 27€ für das Hauptgericht hinzublättern. Die sind es definitiv wert. Ob ich noch mal zusätzlich 17,50€ für die Vorspeise auf den Tisch legen würde, hinge dann vom aktuellen Kontostand ab, aber es lohnt sich auch wirklich nur für das Kaninchen dahinzugehen. Ehrlicherweise gebe ich zu, dass mich der Nachtisch nicht so abholt wie der Rest, auch wenn er auf keinen Fall schlecht ist, und das „Schwein“ auf dem Nachbarteller kann auch nicht mit dem Kaninchen mithalten. Aber das Kaninchen ist der Hammer. Erwähnte ich das schon ;)? Ich träume nachts von diesem Kaninchen. Echt wahr.

„Pain Perdu“ – Frühstücken an der langen Tafel

Wenn Ihr Euch wundert, wie ich nach all dem am letzten Morgen trotzdem noch ein Frühstück herunterbekomme: Tue ich nicht so richtig. Im „Pain Perdu“ in der Walpoortstraat 9, an dem wir freitags und samstags schon mehrfach vorbeigelaufen sind und das von außen so heimelig und einladend aussieht, dass wir uns am Sonntag, als uns der Regen einen Strich durch die eigentliche Planung macht, spontan entscheiden dort einzukehren, gibt es zwar durchaus verführerisch aussehende Frühstücks- und Brunchangebote, aber ich beschränke mich auf einen „Koffie verkeerd“ (wobei ich erst mal lernen muss, dass das Milchkaffee ist ;)) und ein Schokocroissant.

Das unaufgeregte „Pain Perdu“, das Frühstück, Brunch und Lunch serviert, ist in verschiedene Bereiche getrennt. Im vorderen Bereich kann man mit anderen Gästen oder auch einer großen Gruppe an einer riesigen Tafel sitzen. Das muss man natürlich mögen, aber kommunikativ ist es allemal. Und wenn nicht im Urlaub, wann dann? Im hinteren Bereich gibt es aber auch noch kleinere Tische, einen ganz bezaubernden Wintergarten und, wenn es wärmer ist, wohl auch noch eine hübsche Terrasse. Und was ja auch nie schadet: Unsere Kellnerin ist überaus entzückend.

P.S. Für alle, die genauso ungebildet sind wie unsere charmante kleine Reisegruppe: „Pain Perdu“ heißt nicht etwa „verlorenes Brot“ (oder schon, aber eben nur wörtlich übersetzt), sondern „Armer Ritter“ – ein Brot, das verloren gegangen wäre, hätte man es nicht „recycelt“. Wisst Ihr Bescheid…

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An dieser Stelle herzlichen Glückwunsch an alle, die bis hierhin dabei geblieben sind. Ihr seid nicht nur die Coolsten, Ihr habt jetzt auch die allerbesten Gent-Tipps von allen. Mindestens. Selbst Schuld, wenn jemand vorher abgesprungen ist ;)! Danke an Tourismus Flandern-Brüssel, die mich zu dieser Reise eingeladen und drei Tage konsequent gemästet haben. Meine Begeisterung und die zusätzliche Speckrolle auf der Hüfte bleiben davon unberührt selbstredend meine ganz eigenen…

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15 Kommentare

  1. DANANE sagt:

    Verdammt, wie kannst du nur so einen leckeren Post posten. Das sieht nach oberleckerem Spass aus!
    Ich muss jetzt sofort los. Einkaufen.
    😉

    Liebste Grüße

  2. Erica Sta sagt:

    Chic und appetitlich…. Und reiseanregend. Wobei wir mit dem Bike, dem Riesenbaby, der Gokdwing unterwegs sind, seit letztem Jahr. Und ich bin stets dankbar für dreierlei Tipps. Ergo, liebe Fee: Reise weiterhin 😉
    Mit sonnigen Grüßen, Heidrun

  3. Franzy vom Schlüssel zum Glück sagt:

    Boa.. hjab ich jetzt lust auf so ein leckeres Püree.. ich glaub im Supermarkt hab ich Fenchel gesehen…
    aber unabhängig von meinem plötzlich auftretenden Hungergefühl stellt sich mir mal wieder die Frage:
    Wie kommst du nur immer zu solchen Wahnsinns Angeboten? *seufz*
    das Männchen mal Zuhaus elassen und mit gleichgesintnen durch fremde Straßen ziehen *träum*

    Ganz viele liebe Grüße

    Franzy

    • Fee ist mein Name sagt:

      Ich kann es dir nicht sagen…. aber ich freue mich auch jedes Mal wie ein Schneekönig :)! Obwohl ich den Freund ab und zu schon ganz gerne dabei hätte…

  4. Birgitt sagt:

    …habe gleich mal geschaut, liebe Fee, wie lange ich bis Gent brauche,
    gehe nun doch lieber in meine Küche ;-)…nicht so lecker, aber viel schneller satt…

    lieber Gruß Birgitt

  5. chaosmichi sagt:

    Toller Bericht 😉 so viel haben wir nicht gegessen, aber lecker war es auch jedes Mal.
    Nach der Lichtfestival-Tour waren wir immer noch in einem kleinen Cafe und haben uns an Kakao und Waffeln/alternativ Creps gegönnt. Gent ist definitiv keine Stadt zum Diäten 😀

  6. Frau Wahnsinn sagt:

    ich ess dann mal ein wenig obst… bei den leckeren sachen bekomme ich glatt wieder hunger

    lg

    michaela

  7. julia sagt:

    oh, sieht das toll aus…… ich sabber jetzt trotz warnung 😀

  8. Oui, Mimi sagt:

    Liebe Fee,
    gerade am Wochenende haben wir beschlossen, dass der nächste Urlaub nach Gent gehen soll – und wie der Zufall es so will lieferst du gerade jetzt sooo appetitliche Bilder von dort! Das 'Pain Perdu' und 'Balls & Glory' steht definitiv auf meiner Besuchsliste! Gut, dass es nicht mehr lange hin ist… Danke für die Tipps!
    Lieben Gruß,
    Mirjam

  9. Belinda sagt:

    Ich glaub ich muss nach Gent. 🙂
    Tja, vielleicht nächstes Jahr, bin ja schließlich noch abroad…
    Liebe Grüße
    Belinda von billysreise.blogspot.de

  10. Franziska Dully sagt:

    Danke für die Warnung aber jetzt habe ich tatsächlich richtigen Heißhunger bekommen! Toller Beitrag mit sehr ansprechenden Fotos 😉
    Liebste Grüße,
    Franzi
    http://dullylicious.blogspot.de

  11. charlotte sagt:

    Nach Gent möchte ich auch mal so gerne, alle Fotos die ich bisher gesehen hab, haben mich verzaubert. Und noch mehr verzaubert mich das Essen, das du uns hier präsentierst, da kommt man ja kugelrund aus Gent zurück! 🙂 Du machst dir immer so viel Mühe, das merkt man richtig. Wenn ich demnächst nach Gent kommen sollte, nehme ich einfach deinen Post ausgedruckt mit und futtere mich ein paar Tage nur durch!
    GLG und schönes Wochenende
    Charlotte

  12. grain de sel sagt:

    Ich weiß nicht, wie dus machst, aber bei dir freut man sich immer mit, wenn du was Schönes erlebst!

  13. Jenny Keay sagt:

    Das sieht alles so lecker aus ♥.♥

    Liebe Grüße

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