Auch Worte brauchen Liebe

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19. Mai 2013 / By / , , / 15 Comments

Worte sind wie Farben. Man kann mit Ihnen malen, ganze Welten erschaffen. Doch während für kleinste Farbabstufungen immer neue Namen gefunden werden, wird der Farbkasten der Worte immer kleiner. Oder zumindest unterliegt er einem steten Wandel. Ich frage: Wieso? Vermeintlich veraltete Wörter sind dazu in der Lage unseren Sprachschatz mit Leben zu füllen, unsere Erzählungen anzureichern und unsere Texte aus der Masse an schalem, farblosen Geschreibsel hervorzuheben. Ich rufe Euch deswegen an: Rettet ein Wort. Oder zwei. Benutzt es regelmäßig. Gebt ihm Liebe. Auch Worte haben Gefühle. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, werde ich in diesen Blogpost möglichst viele Wendungen einbauen, die rar geworden sind und wert sind, zurück ans Licht gezerrt zu werden. Vielleicht lernt Ihr ja sogar noch ein neues Wort. Seid Ihr bereit?

Dear international readers, this post is not translatable. It’s about old german words, that are rarely used nowadays. But I’ll be back tomorrow with my normal bilingual posting routine. See you :)!

Groma Schreibsmaschine von 1924 - "Fee ist mein Name"

Vermaledeit, wie fange ich nur an? Das Ansinnen, einen Text ohne inhaltliche Vorgabe zu gestalten, erweist sich fürwahr als eine schwierige Mission. Mir dünkt, ich sollte zu diesem Behuf einfach ein paar Anekdoten aus meinem schier mirakülosen und bewegten Leben preisgeben. Zunächst jedoch werde ich die Bedürfnisanstalt aufsuchen, dann mache ich es mir kommod und stelle ein Glas Brause als Labsal bereit. Sodann, lauschet welche Meriten ich erworben habe…

Man kolportiert, dass sich folgende Begebenheiten einst wahrlich zutrugen. Doch Obacht, Kolportage hat es so an sich, dass sich ihre Inhalte allenthalben als Mumpitz entpuppen. Ja, mir sitzt der Schalk im Nacken und ich würde es an Eurer Stelle tunlichst vermeiden, fortan allzu viel meiner hanebüchenen Geschichten zu glauben, ist es doch überaus erquicklich ab und zu mal nur Tinnef erzählen zu können. Ich appeliere daher an eure treffliche Selbsteinschätzung: Hinfort mit jenen unter Euch, die Firlefanz nur schwerlich von der in hochnotpeinlicher Befragung gewonnenen Wahrheit scheiden können. Fürwahr, mir graust vor törichten Schlußfolgerungen.

Dereinst machten sich meine Base und ich daran, meinem Oheim ruchlos ein paar seiner Geschmeide und Spezereien zu stibitzen, ihr gülden Glanz und ihr Odeur verleiteten uns zu solch liederlichem Verhalten. Alldieweil wir uns mit den Kleinoden verlustierten und dünkelhaft mit erhobenem Antlitz über das Anwesen lustwandelten, deuchte dem Mutterbruder langsam unser Verrat. Fernmündlich rief er den Wachtmeister herbei und obwohl wir Fersengeld gaben, kulminierte unsere Missetat darin, dass wir den Sonnabend statt auf einem Gelage in einem Karzer zusammen mit meuchelnden Untätern verbrachten, die sogar nicht davor scheuten, ihr Gemächt zu entblößen. Mir wurde ganz blümerant zumute. Bewacht von einem feisten, bärbeißigen Gardisten war an ein Entkommen nicht zu denken. Emsig suchten wir nach einem Weg, das Bestreben unseres garstigen Kerkermeisters zu konterkarieren. Immerhin waren wir zwei holde, adrette Jungfern, zwar unbotmäßig veranlagt, aber doch nicht würdig, solchem Grimm ausgesetzt zu sein. Kess zog meine Base eine Schnute und machte sich anheischig, den Wärter höchstselbst zu freien. Ich war bass erstaunt, wie forsch sie zu Werke schritt. Dergestalt fanden wir uns flugs in seinem Privatgemach wieder, wo er geflissentlich begann, sich seines Zwirns zu entledigen. Ei der Daus, dieser Kabale musste schnell ein Ende bereitet werden. Dieser Leichtfuß sollte sich noch umsehen. Seine Gattin würde es wohl kaum goutieren, wenn ihr Gespons mit einer Arrestantin poussierte, was er wohl dazu meine? Gallig wurde er ob dieser Androhung, drohte gar uns den Garaus zu machen. Doch die Furcht vor seiner Matrone und sein skrupulöses Naturell obsiegten. Er berappte unsere Bürgschaft und gelobigte, unsere Vergehen fürderhin als abgegolten zu betrachten. Sapperlot, welch famose und wohlfeile Lösung unserer pekuniären Notlage. Flugs machten wir uns von dannen und setzten nie wieder einen Fuß in die Klause daselbst. Denn wenn wir nicht gestorben sind, dann flunkern wir noch heute… ;)!

Groma Schreibsmaschine von 1924 - "Fee ist mein Name"

Wohlan, Ihr wackeren Blogleser, seid auch Ihr geneigt ersprießliche Kunde zu geben von alten Worten? Für welche Begrifflichkeiten lohet das Feuer eures Herzens besonders hell? Hurtig, notiert jene, die nicht dem Vergessen anheimfallen dürfen, als Marginale am Fuße meiner Ausführungen, oder verbalisiert höchstselbst ein Pamphlet auf Euren Blogs, wenn irgend angängig, und hinterlasst einen Hinweis, sodass wir Euch ausfindig machen können. Hauchet alten Worten neuen Odem ein. Dergestalt durabel in die ehernen Säulen des Internets geritzt, leben sie für immer. Amen.

P.S.: Dieser Post ist Ergebnis einer Bloggerunterhaltung auf Facebook, ausgehend von einem Kommentar von „Gourmet Guerilla“-Mel, ihres Zeichens witzigste Foodbloggerin unserer Nation (meine bescheidene Meinung), in der wir gemeinsam zu dem Ergebnis kamen: Alle Worte haben eine Daseinsberechtigung. Machen wir darauf aufmerksam. Es kann also gut sein, dass Euch heute noch der ein oder andere ähnliche Post begegnet. Und wie gesagt: Ihr dürft gerne auch alle mitmachen und Euer Ergebnis hier verlinken. Ich werde alle sammeln. Auch Twitter darf in die Rettungsmission einbezogen werden. Der Hashtag lautet: #altewortemüssenleben. Retten wir ein paar Wörter! 

Mitwirkende: Heike von RelleoMein, Clara von Tastesheriff, Sophie von BerlinFreckles

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15 Kommentare

  1. relleomein sagt:

    Welch geistreiches Wortspiel hast Du uns hier aufgetischt 🙂 Prächtig, famos und überaus exquisit 🙂

    Für mich war die Entscheidung des Themas etwas schwierig, da ich leider keine solche Begabung fürs Schwadronieren habe, nun denn hier mein Rezept für einen vielleicht altmodischen Trunk:

    http://relleomein.de/2013/05/gin-punch-ein-erquickendes-getrank/

    Liebste Grüße und Empfehlungen
    Heike

  2. clara vom tastesheriff sagt:

    auch alte Merkbüchlein müssen leben.. so dünkt mir ein gar zartes Fräulein vermerkte sich in diesem von 1890 bis 1993 Ihre Toilette und Gesellschaftlichen Höhepunkte. Oh schaut.. Ihr werdet dazu heute bei mir fündig!
    Es grüsset herzlichst
    Fräulein Claretti

  3. Bernd Baringhorst sagt:

    Liebe Fee, bitte lege doch für "saumselig" (ein gutes Wort) ein gutes Wort ein.

  4. die.waschkueche sagt:

    Sapperlot, welch erbauliches Wortspiel!

  5. musematschka sagt:

    Ach, Fee, du bist so herrlich meschugge!
    Ich liebe diese alten Wörter ebenso und bin fürbass erstaunt, dass ich damit nicht alleine dastehe. In der Schule schrieb ich Geschichten, wegen der ich allenthalben Ärger bekam, da ich nicht mehr dem Unterricht folgen konnte… vielleicht finde ich ja noch was von damals!

  6. Nina sagt:

    Was ich mich freue, liebe Fee, hier meinen Liebling "blümerant" anzutreffen. Herzlichen Dank auch für "Mutterbruder", wunderschön.

    Wenn wir das alte Wort schätzen, dürfen wir dann einige Trends der Heute-Sprache dafür kippen? Zum Beispiel die (nur?) mich in den Wahnsinn treibende willkürliche Apostroph-Setzung. Nicht nur, dass der Friseur neuerdings auch "montag's" geöffnet hat, in einem Kommentar entdeckte ich neulich die Verunzierung des "nicht's". Weia.

    Sei geherzt, liebe gute Fee,
    Nina

  7. Jessica sagt:

    Werte Fee,
    die Anekdote hat soeben mein Gemüt erheitert!
    Dir sei hiermit mein Dank versichert.
    Ergebenst, Jessica

  8. madmoiselle bambini sagt:

    Toller Post!Den Gedanken dahinter finde ich wunderbar!;)
    Obwohl ich ehrlich bin und sagen muss das ich für einige der Wörter wohl ein Wörterbuch hätte hervorholen müssen.;)
    Liebe Grüße,Sarah

  9. Sophie von BerlinFreckles sagt:

    Holde Fee! Gar spät kommt mein bescheidener Beitrag zum Thema:

    http://www.berlinfreckles.de/kind_und_kegel/alte-worte-muessen-leben/2013/05/19/

    Ich fand den deinigen sehr erquickend! Vielen Dank!

    Sophie

  10. Fee ist mein Name sagt:

    @Bernd Baringhorst: Wie konnte ich saumselig nur vergessen?! Ein wundervolles Wort.

    @Nina: Die Apostrophe können wir gerne alle über den Jordan schicken. Sie werden meines Erachtens nach massiv befördert durch die Apple Autokorrektur, die mich in den Wahnsinn triebt, da sie mir gegen besseres Wissen ständig welche unterjubelt…

  11. Die Raumfee sagt:

    Genial. 🙂
    Meine vom Aussterben bedrohten Lieblingswörter sind Kleinod (guckst Du da, ziemlich weit unten: http://dieraumfee.blogspot.de/2013/02/komm-schon-du-sack-du-schaffst-es.html, Leibchen und Schlüpfer, bzw. Schlüpper. 😉

    Herzlich, Katja

  12. allesistgut sagt:

    Wie wunderschön und inspirierend sind Deine Worte, voller Klang und edlem Gemüt. Ich danke Dir aufs Allerherzlichste!
    allesistgut

  13. Judika sagt:

    Holde Jungfer im Grünen,
    die Raumfee hat mich auf Eurer erquickendes Geschreibsel Obacht gemacht und führwahr bringt Ihr mich zum Juchzen, sei es Eurer bezaubernden Bildnisse als auch der Wörterspielerei,
    ergebenst, Judika

  14. Anonym sagt:

    Wenn man drüber nachdenkt fehlen einem spontan die Worte…

    Wobei der stete Verlust des guten Sonnabends schon gruselig ist 🙁

  15. ..gerade kam beim lieblingsfreund und mir ein altes wort am telefon auf und zack, habe ich mich an dein posting erinnert, habe mich flugs zu dir geklickt und habe es ihm vorgelesen.. sehr toll, wir haben uns köstlich amüsiert & deine mühe bewundert..! 🙂
    gehab dich wohl, liebe fee. nun ab ins gemach & beste grüße, gesa

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